Tradition & Religion
Die Teezeremonie
In seiner mehr als tausend jährigen Geschichte galt der Tee in Japan zuerst als
eine von den Göttern geschenkte Medizin, die die fünf Eingeweide reguliert und
üble Geister austreibt. Das Zeremoniell war Teil eines buddhistischen
Gottesdienstes und fand in Tempeln statt. Im 14. Jahrhundert übernahm der
japanische Adel eine aus China stammende Variante der Teezeremonie: Man traf
sich in geselliger Rund, dinierte und veranstaltete eine Art Tee-Quiz. Seinen
heutigen Sinngehalt erhielt das Chanoyu im 16./17. Jahrhundert. Die ältesten
erhaltenen Teehäuser stehen in Kyoto, unter anderem auf dem Gelände des
Ginkakuji-Tempels. Hier sollen gegen Ende des 15. Jahrhunderts von einem
kunstsinnigen Fürsten und zwei lebenslustigen buddhistischen Äbten die Maße
festgelegt worden sein, die bis heute jeder Teeraum hat: viereinhalb
Tatami-Matten soll er groß sein (~7mē).
Das Außenrum
Ideal für die Teezeremonie sind eigene Teehäuser, die getrennt von den
Wohnräumen in einem kleinen Landschaftsgarten stehen.
Der Weg führt zunächst zu einem steinernen Wasserbecken, in dem sich die Gäste
Mund und Hände reinigen. Der Eingang zum Teehaus ist so niedrig gehalten, das
die Eintretenden den Kopf beugen müßen. Das Zimmer selbst ist abgesehen von
einem Rollbild völlig schmucklos. Nichts soll vom wesentlichen ablenken.
Die Utensilien für die Teezeremonie sind um die in der Zimmermitte in den
Fußboden eingelassene Feuerstelle gruppiert:
- Teeschale (Chawan)
- Teedose (Chaire)
- Wassergefäß
- eiserner Kessel
- Schöpflöffel aus Bambus
- Bambusbesen
Der verwendete Tee muß von bester Qualität sein. Junge, zarte Blätter von
mindestens zwanzig Jahre alten Teesträuchern, die sofort nach der Ernte in
heißer Luft getrocknet und anschließend zu einem grünen Pulver (matcha)
vermahlen.
Zwei bis drei Löffel des Teepulvers werden in eine Schale getan, dann gibt der
Teemeister mit dem Schöpflöffel heißes, nicht siedendes Wasser dazu und schlägt
den Tee mit dem kleinen Bambusbesen schaumig. Für den letzten Teil des
Zeremoniells steht oft noch ein Tee geringerer Qualität bereit.
Die Zeremonie
Eine klassische Teezeremonie dauert mehrere Stunden. Nach der Begrüßung durch
den Teemeister werden die Teilnehmer schweigend zum Teehaus oder Teezimmer
geleitet. Dort lassen sie sich vor der Nische auf die Knie nieder und bewundern
nacheinander das aufgehängte Rollbild. Auf Knien muß die Teegesellschaft auch
die restlichen Stunden des Zeremoniells überstehen.
Der Teemeister serviert eigenhändig das für den ersten Abschnitt der Zeremonie
typische Kaiseki, eine exakt festgelegte Speisenfolge, vor allem von Fisch- und
Gemüsegerichten sowie bestimmten Süßigkeiten. Für den Koch ist dabei wichtig,
daß der Eigengeschmack der Zutaten durch die Zubereitung möglichst wenig
verändert wird und die Speisen für das Auge gefällig auf Tellern angerichtet
werden. Mit dem Essen endet der erste Teil der Teezeremonie und die Gäste ziehen
sich zurück.
Für den Hauptteil des Zeremoniells werden die Utensilien sorgfältig mit einem
speziellen Tuch gereinigt, und der Tee wird zubereitet. Unterdessen verspeisen
die Gäste zuckersüße kleine Kuchen. Wenn die erste Schale fertig ist, wird sie
neben den Herd gestellt, ein Gast ergreift sie mit der rechten Hand, stellt sie
auf die ausgebreitete linke Hand und stützt diese mit der rechten ab. Nach dem
ersten Schluck erwartet der Teemeister ein Kompliment, man trinkt zwei weitere
Schlückchen, äußert sich bewundernd über die Teeschale und reicht sie weiter an
den nächsten Gast, nicht ohne vorher die zum Mund geführte Stelle mit einem Tuch
zu reinigen.Nacheinander kosten die Teilnehmer von dem dickflüßigen schaumigen
Koicha. Die anschließenden Gespräche drehen sich ausschließlich um künstlerische
und ästhetische Fragen.
Während im Hauptteil des Zeremoniells jede einzelne Phase jeder Handgriff des
Teemeisters nach den Gesetzen der jeweiligen Schule exakt festgelegt sind, geht
es beim Usacha, dem traditionellen Abschluß der Teezeremonie , weniger steif zu.
Die Gäste erhalten jetzt von dem leichteren, dünneren Tee. Für jeden Gast rührt
der Teemeister in einer kleineren Schale zwie Löffel mit heißem Wasser an. Man
trinkt die Schale völlig leer. Wenn der letzte Gast getrunken hat, trägt der Teemeister
die Utensilien in den Vorraum und verkündet mit einer tiefen
Verbeugung das Ende des Zeremoniells.