Familie



In Japan hat sich während der letzten fünfzig Jahre ein starker Wertewandel vollzogen von dem auch die familiären Strukturen nicht unberührt blieben.


Wo ist Vater?


Besonders seit den Zeiten des starken industriellen Wachstums Japans hat sich die Anwesenheit des Vaters zu Hause stark verringert. Männer sind ein Teil des Heers der Angestellten und Arbeiter auf einem Feldzug fern von zuhause.
Lange Arbeitszeiten sind gefolgt von Sauftouren mit den Arbeitskollegen. Die Väter kommen meist erst spät in der Nacht nach Hause, mit dem einzigen Wunsch - Schlafen! Viele Väter essen nur ein bis zweimal während der Woche an einem Tisch mit ihrer Familie. Viele Kinder entwickeln sich durch das Fehlen des Familienoberhaupts zu richtig "Mamakindern".
Eine andere Möglichkeit ist eine Arbeitsstelle weit weg vom heimatlichen Herd. Frauen und Kinder kommen da meistens zu kurz.
Ein anderes mögliches Schicksal ist der Eindruck zu Hause nicht erwünscht zu sein. Dies kann zu Sorgen und Nöten führen, die im Alkohol ertränkt werden, alleine jeden abend an irgend einer Bar. Die Konsequenz dieses extensiven Arbeitslebens ist oft "karoshi" - der Tod durch Überarbeitung.
Am Ende des "Firmenwegs" steht die Pensionierung, mit keinerlei Vorstellungen einer Zukunft zu Hause. Was die Selbstachtung nicht gerade fördert



Die verschiedenen Lebensarten der Generationen


Vor wenigen Jahren noch dachten die Japaner ihre traditionellen Famlilienstrukturen würden sich auch in der fernen Zukunft nicht ändern. Alternde Eltern erwarteten von ihrem ätesten Sohn mit seiner Frau und seinen Kindern bei ihnen zu wohnen. Aber heutzutage schießen die Städte wie Pilze aus dem Boden, der Wohnraum ist knapp. Zudem wollen die Frauen arbeiten gehen. Die Dinge haben sich also extrem gewandelt.
Die heutige Kernfamilie besteht aus Ehemann und Ehefrau, meist mit ihrem Nachwuchs in einer kleinen, unattraktiven Wohnung (böse Zungen bezeichnen solche Wohneinheiten oft als "Karnickelstall") in einer großen Stadt zusammengepfercht, ohne Platz für die alternden Eltern.
Vor dem zweiten Weltkrieg bestand der typische japanische Haushalt aus einem verheirateten jungen Paar und dessen Kindern, die das Haus mit den Eltern oder Schwiegereltern teilten. In der heutigen Zeit wird dieser Lebensstil wieder mehr favorisiert, vor allem bei den hohen Grundstückspreisen in den großen Städten.
Auch in Japan haben sich die gleichen neuen Sozialform herauskristallisiert wie in westlichen Ländern: Eine große Anzahl von Frauen wollen eine gesellschaftliche Position auch außerhalb der Familie einnehmen und haben kein Interesse daran Kinder aufzuziehen. Dies führte zu sogenannten "DINKS" (double income, no kids).
Manche Paare haben sich schließlich doch zu einem Kind entschlossen obwohl beide Partner arbeiten. Sie teilen sich den Haushalt ebenso wie die Kindererziehung. Diese Familie werden als "DENKS" bezeichnet.
Ebenso werden alleinerziehende Elternteile immer häufiger.
Wenn die Kinder aus dem Haus sind bleiben die Eltern oft alleine. Aber viele der älteren beginnen dann noch einmal ihr Leben unbekümmert und ausgiebig zu genießen, was früher undenkbar gewesen wäre.